Dem Heiligen Vater zur Seite stehen

Brief von Prälat Dr. Christoph Bockamp, dem Regionalvikar des Opus Dei in Deutschland, an die Mitglieder und Freunde des Opus Dei

Viele von uns erinnern sich noch an die Predigt von Papst Benedikt bei seiner Amtseinführung am 24. April 2005. Überdeutlich spürte er die Last des Auftrags, der „alles menschliche Vermögen überschreitet“. Aber er fühlte sich getragen von den Heiligen und den Gläubigen: „Ich bin nicht allein. Ich brauche nicht allein zu tragen, was ich wahrhaftig allein nicht tragen könnte. Die Schar der Heiligen Gottes schützt und stützt und trägt mich. Und Euer Gebet, liebe Freunde, Eure Nachsicht, Eure Liebe, Euer Glaube und Euer Hoffen begleitet mich.“ 

Ja, wir beten für den Papst. Alle Katholiken haben in diesen Tagen besonderen Grund, für den Heiligen Vater zu beten und für ihn und seine Mitarbeiter Opfer zu bringen. Unser Gründer, der hl. Josefmaria, hat geschrieben: „Omnes cum Petro ad Iesum per Mariam!“ –Alle gemeinsam mit Petrus, also mit dem Papst, unter dem Schutz der Gottesmutter hin zu Jesus. Dieses kleine herzliche Stoßgebet können wir in diesen Tagen oft beten.  

Der Heilige Vater hat sich stets mit ganzer Kraft für die Verbesserung der Beziehungen und der Freundschaft mit dem jüdischen Volk eingesetzt. Ich erinnere an seine Ansprache an die Delegation des International Jewish Committee on Interreligious Consultations (vgl. deutsche Wochenausgabe des Osservatore Romano, 17.06.05). Eine sehr eindrucksvolle und bewegende Geste war auch sein Besuch in der Kölner Synagoge beim Weltjugendtag am 19. August 2005. Damals sagte er: „In diesem Jahr 2005 gedenken wir des 60. Jahrestags der Befreiung aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern, in deren Gaskammern Millionen von Juden – Männer, Frauen und Kinder – umgebracht und in den Krematorien verbrannt worden sind. Ich mache mir zu eigen, was mein verehrter Vorgängen zum 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz geschrieben hat und sage ebenfalls: ‚Ich neige mein Haupt vor all denen, die diese Manifestation des mysterium iniquitatis (Geheimnis des Bösen) erfahren haben’. Die fürchterlichen Geschehnisse von damals müssen ‚unablässig die Gewissen wecken, Konflikte beenden und zum Frieden ermahnen’ (Botschaft zur Befreiung von Auschwitz, 15.01.2005, in O.R. dt., 04.02.2005)“. Der Heilige Vater schloss mit den Worten: „Die Erwachsenen tragen die Verantwortung, den jungen Menschen die Fackel der Hoffnung weiterzureichen, die Juden wie Christen von Gott geschenkt worden ist, damit die Mächte des Bösen ‚nie wieder’ die Herrschaft erlangen und die künftigen Generationen mit Gottes Hilfe eine gerechtere und friedvollere Welt errichten können, in der alle Menschen das gleiche Bürgerrecht besitzen.“ 

Ganz in Einklang mit seinen Vorgängern hat Papst Benedikt XVI. gleich zu Beginn seines Pontifikats deutlich gemacht, wie wichtig ihm die Einheit der Kirche ist. So sagte er bereits wenige Stunden nach seiner Wahl: „Zu Beginn seines Amtes in der Kirche von Rom, die Petrus mit seinem Blut getränkt hat, übernimmt sein jetziger Nachfolger ganz bewusst als vorrangige Verpflichtung die Aufgabe, mit allen Kräften an der Wiederherstellung der vollen und sichtbaren Einheit aller Jünger Christi zu arbeiten. Das ist sein Bestreben, das ist seine dringende Pflicht. Er ist sich dessen bewusst, dass dafür die Bekundung aufrichtiger Gefühle nicht ausreicht. Es bedarf konkreter Gesten, die das Herz erfassen und die Gewissen aufrütteln, indem sie jeden zu inneren Umkehr bewegen, die die Voraussetzung für jedes Fortschreiten auf dem Weg der Ökumene ist.“ (Erste Botschaft vor den wahlberechtigten Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle am 20. 04.2005) 

Der Heilige Vater geht diesen Weg entschlossen weiter und scheut sich dabei nicht, solche barmherzigen Gesten zu zeigen. Ob sie dann bei den anderen „das Herz erfassen“, „die Gewissen aufrütteln“ und zur „inneren Umkehr bewegen“, ist die Hoffnung dieser Tage, für die wir beten. Aber ich denke, dass wir auch im Umfeld der Familie, der Freunde, der Kollegen die Erfahrung gemacht haben, dass eine Versöhnung nur gelingen kann, wenn einer sich einen Ruck gibt und einen großzügigen Schritt tut. Ob und wie es der andere aufgreift und versteht, hat man natürlich nicht in der Hand. 

Dass es sich nur um einen ersten Schritt handelt, ist auch klar. Weitere und unmissverständliche müssen folgen. Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner hat die nicht ganz leicht zu verstehenden Zusammenhänge dieser Tage so erklärt: „Die aufgehobene Exkommunikation ermöglicht es den vier Bischöfen, nun wie katholische Laienchristen, nicht aber als Bischöfe am Glaubensleben der Kirche teilzunehmen. Damit haben sie wieder die Möglichkeit, die Sakramente zu empfangen. Dieses Anliegen bewegte das Herz des Papstes. Die weiter bestehende Suspendierung, die nur Kleriker trifft, verbietet ihnen jede Wirksamkeit als Bischöfe in der Kirche. Sie dürfen weder als Zelebranten der Messfeier vorstehen noch dürfen sie die Sakramente spenden“ (Pressestelle des Erzbistums Köln, 03.02.09). 

Sicherlich haben wir in diesen Tagen viele Gelegenheiten, über den Papst zu sprechen und unsere Dankbarkeit für seinen Dienst zum Ausdruck zu bringen. Wer die Möglichkeit hat, sich in irgendeiner Form öffentlich zu Wort zu melden, sollte das mit Freimut tun. Dies sollte in einem Klima geschehen, das den Dialog und das gegenseitige Verständnis erleichtert, nicht erschwert. Hier ist sicher der Ratschlag des hl. Josefmaria Gold wert: „Das Gleiche hättest du in einem anderen Ton sagen sollen, nicht so verärgert. Deine Argumentation gewinnt dann an Kraft. Und vor allem, du beleidigst Gott nicht.“ (Der Weg, Nr. 8) 

Von den Bischöfen in Deutschland sind wir eingeladen, dem Heiligen Vater zur Seite zu stehen, so gut wir können. Und wir tun das sehr gerne!