Wie Stern und Blume

Eine Anmerkung von Peter von Steinitz zum Verhältnis von Zölibat und Ehe

Wir erleben es zurzeit wieder einmal: Wenn von der Kirche die Rede ist, wird regelmäßig das Thema Zölibat in die öffentliche Diskussion gebracht. Offensichtlich beschäftigt das Thema so manche mehr als die unmittelbar Betroffenen.

Sagte da neulich ein katholischer Ehemann zu einem befreundeten Priester: Zwischen dir und mir ist eigentlich kein großer Unterschied. Denn für dich kommt keine Frau infrage und für mich auch nicht – bis auf eine.

Anders gesagt: Auf der einen Seite kommen vielen Priester, Ordensleute und andere Menschen, die sich dem Zölibat verpflichtet haben, im Laufe der Jahre zu der Erkenntnis, dass eine gute christliche Ehe keineswegs leichter ist als die apostolische Ehelosigkeit. Auf der entgegengesetzten Seite wird die Meinung für eine wissenschaftliche Erkenntnis ausgegeben, dass es unnatürlich sei und den Menschen krank mache, wenn jemand seine Sexualität nicht auslebt.

Dass diese Regel falsch ist, zeigen schon die Heiligen, in unserer Zeit zum Beispiel eine Mutter Teresa. Was hat diese beeindruckende Frau nicht alles für die Menschen getan! Ihr Leben war aus einem Guss und zeigt, wozu ein Mensch fähig ist, wenn er um der anderen willen auf Eigenes verzichtet. Oder in früheren Zeiten der heilige Martin – ein römischer Offizier, der dann als Bischof in freiwilliger Ehelosigkeit lebte. Was für die Heiligen kirchlich zertifiziert ist, gilt wie zu allen Zeiten sicher auch für viele heute lebende Christen.

Den wichtigsten Grund aber, warum Frauen und Männer den Zölibat wählen, kommt von Gott selbst: Christus empfiehlt die Ehelosigkeit nicht nur um der anderen willen, sondern „um des Himmelreiches willen“ (Mt 19,12). Schon der Ausdruck Zölibat enthält eine Anspielung auf das Himmelreich, lateinisch „coelum“. Ja, aber – wird der jemand einwenden – wenn sich alle Menschen daran hielten, dann wäre die Erde bald entvölkert. Gewiss, aber der Herr sagt dies ja auch nicht für alle. Für die weitaus meisten Frauen und Männer empfiehlt er die Ehe als den Weg, der sie zum Himmelreich führt. Deshalb hat Jesus Christus die Ehe – und nicht den Zölibat – zur Würde eines Sakramentes, zu etwas Heiligem erhoben. Aber eben die Ehe und nicht irgendeine andere Lebensform.

Warum sich der Zölibat und das Ehesakrament nicht gegeneinander ausspielen lassen, erklärt uns die Kirche: „Beide, das Sakrament der Ehe und die Jungfräulichkeit um des Gottesreiches willen kommen vom Herrn selbst. Er gibt ihnen Sinn und schenkt die unerlässliche Gnade, sie so zu leben, wie es seinem Willen entspricht. Die Hochschätzung der Jungfräulichkeit um des Himmelreiches willen und der christliche Sinn der Ehe lassen sich nicht voneinander trennen: sie fördern einander.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1620)

Zugleich siedelt die Kirche den Zölibat als Zeichen höher an als die Ehe. Das erinnert mich an „Stern und Blume“ in Clemens Brentanos Gedicht „Ich darf wohl von den Sternen singen“. Der Stern am Himmel steht höher als die Blume auf der Erde, doch ist er weder schöner noch besser. Der Zölibat „um des Himmelreiches willen“ ist nicht auf Anhieb und nicht jedem verständlich. So schließt der Herr seine Worte darüber mit dem Satz ab: „Wer das erfassen kann, der erfasse es!“ (Mt 19,12)