Das Fest des Apostel Andreas begleitet die Kirche in den Advent

Das Wort von der „Tür des Glaubens“, das auf Christus hinweist, hat uns während des Jahres des Glaubens begleitet: „Ich bin die Tür“ (Joh 10,9). Nun erhalten wir vom Rhythmus der Liturgie her neue Impulse mit dem Eintritt in den Advent. Unser Begleiter dabei ist der Apostel Andreas, dessen Fest am 30. November gefeiert wird.

Zu Andreas passt das Wort von der „Tür“. Seinem Bruder Simon öffnete er die Tür, nachdem er selbst zusammen mit dem Freund Johannes Jesus begegnet war.

Über wenige Apostel wissen wir so viel wie über Andreas. Er stammte aus Betsaida, wohnte in Kafarnaum und war Fischer. Fünfmal berichtet das Evangelium über Begebenheiten, in denen er aktiv ist. Wir erfahren ihn als realistischen Beobachter der Situation beim Wunder der Brotvermehrung in Galiläa: „Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gestenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!“ (Joh 6,9). Wir betrachten ihn später als aufmerksamen Zuhörer, wenn der Herr auf die Bewunderung eines Jüngers beim Anblick des gewaltigen Tempelbaus antwortet: „Siehst du diese großen Bauten? Kein Stein wird auf den andern bleiben.“ Andreas drängt es, Genaueres zu erfahren über das für ihn als frommen Israeliten Unvorstellbare: Den Zerfall des Tempels. Andreas wartet bis zum richtigen Augenblick, die Frage zu stellen. Der Herr sitzt auf dem Ölberg, Andreas Petrus, Jakobus und Johannes sind bei ihm: „Sag uns, wann wird das geschehen, und an welchem Zeichen wird man erkennen, dass das Ende von all dem bevorsteht?“ (Mk 13,1–4). Jesus antwortet mit einer langen Rede in prophetisch, bildhafter Sprache über die Zerstörung Jerusalems und über das Ende der Welt. Er forderte die Fragenden auf, die Zeichen der Zeit aufmerksam zu lesen und immer wachsam zu bleiben.

Sehnsucht nach dem Messias

Schon aus der Nähe zum Täufer Johannes ahnen wir, dass Andreas sich nach dem Kommen des verheißenen Messias sehnte. Er wird sich innerlich darauf eingestimmt haben und hat sich gefragt, was er zur Erfüllung dieser Sehnsucht beitragen könnte. Vielleicht war er anwesend, als die Abgesandten des Tempels zum Täufer kamen und ihn fragten: „Wer bist du?“ Andreas muss mit wachen Sinnen jene Auseinandersetzung verfolgt haben, als der Täufer nicht nur sagte, er sei nicht der Messias, sondern auch: „Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt.“

Wie faszinierend muss diese Aussicht für ihn gewesen sein! Nahe bei einem Propheten zu sein, der nicht eine ferne Hoffnung ankündigt, sondern auffordert zum Augen Öffnen und Ohren spitzen....

Diese Offenheit ist die tragende Grundstimmung für die zwei entscheidenden Begegnungen mit dem Herrn (Joh 1, 35-39 und Mt 4, 18-19).

Johannes hatte einmal mit einem rätselhaften Wort auf einen gewissen Jesus von Nazaret hingewiesen und Zeugnis von ihm gegeben: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt.“ (Joh 1,29). Vielleicht hat Andreas auch davon erfahren und dies hat seine Hoffnung auf Nähe gestärkt.

Kurzer Zeit danach stärkt Johannes der Täufer die Hoffnung seiner zwei begleitenden Jünger mit einer Geste und einem Wort, diesmal ein ganz kurzes: „Seht das Lamm Gottes!“. Der andere anwesende Jünger scheint diese Unmittelbarkeit fixieren zu wollen, indem er Geste für Geste das Geschehen exakt zu schildern versucht: Wie Andreas und er den Wink des Täufers aufgreifen und Jesus folgen, wie Jesus sich umdreht, wie er sie anspricht, wie sie mit ihm in ein Gespräch eintreten. „Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister - wo wohnst du? Er antwortete: Kommt und seht!“ (Joh Joh 1, 3740)

Bald – „am Tag darauf“, heißt es wieder – werden beide Jünger selbst in das Geschehen hineingezogen. „Da stand Johannes wieder dort, und zwei seiner Jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!“ Zum zweiten Mal dieses Wort, jetzt aber konkret an die zwei Jünger, die bei ihm sind gerichtet.

„Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.“ Andreas wird - wie Johannes, - sich die allererste der vielen Begegnung mit dem Meister tief eingeprägt haben: Es war um die zehnte Stunde... Mehr als sechzig Jahre waren vergangen. Der Augenblick eines existentiell wichtigen Entschlusses, in welchem Gottes Gnade suaviter et fortiter wirkt, bleibt stets gegenwärtig - nicht in nostalgischer Ferne, sondern als stets präsent. Auch für uns heute.

Als Jesu Wegweiser

Andreas war der erste der Apostel, der berufen wurde, Jesus nachzufolgen. Er war der erste, der sich apostolisch betätigte, ohne zu wissen, dass er zum „Apostel“, zum „Gesandten“ berufen worden war. Er gab einfach seine Erfahrung weiter. Wir ahnen ein wenig von der Erregtheit des Andreas nach dem kurzen Aufenthalt bei Jesus. Es drängt ihn, sich mitzuteilen. „Er traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte (Christus). Er führte ihn zu Jesus.“ (Joh 1, 41-42)

Eine weitere Episode (Joh 12, 20-25) ereignet sich im Anschluss an den Einzug des Herrn in Jerusalem und wenige Tage vor seiner Passion. Unter den Pilgern, die beim Fest Gott anbeten wollten, waren auch einige Griechen. Sie wenden sich an Philippus: „Herr, wir möchten Jesus sehen. Philippus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus“. Ein sympathisches Detail, vielleicht auch nur Zufall: Diese Griechen, die Jesus sehen wollen, wenden sich an die zwei einzigen Jünger aus dem Apostelkreis, die griechische Namen tragen: Philippus, der „Pferdefreund“, und Andreas, der „Mannhafte, Tapfere“. Sie werden wohl die Dolmetscher gewesen sein.

Der Evangelist sagt nichts mehr über diese Fremden, sondern nur über die Reaktion Jesu: „Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird. Amen, Amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“

Papst Benedikt fasste den apostolischen Auftrag der beiden Brüder so zusammen: „Sehr alte Überlieferungen sehen Andreas als Verkünder und Sprachrohr Jesu für die griechische Welt in den Jahren, die auf die Pfingstereignisse folgten. Petrus, sein Bruder, gelangte von Jerusalem über Antiochia nach Rom, um hier seine universale Sendung auszuüben; Andreas hingegen war der Apostel der griechischen Welt: So erscheinen sie im Leben und im Tod als wirkliche Brüder – und das kommt symbolisch zum Ausdruck in der besonderen Beziehung der Bischofssitze von Rom und Konstantinopel, die wirklich Schwesterkirchen sind.“ (Benedikt XVI, Generalaudienz 14. Juni 2006)

Nach der Tradition soll der heilige Andreas im griechischen Patras den Kreuzestod am schrägen Kreuz erlitten haben. Sein Haupt, seit 1462 in der Peterskirche in Rom aufbewahrt, wurde 1964 von den versammelten Konzilsvätern verehrt und im Auftrag Papst Paul VI. dem orthodoxen Metropoliten der Stadt Patras in Griechenland zurückgegeben. Die Patriarchalkirche von Konstantinopel beruft sich auf Andreas, den Bruder des Petrus.

Dr. Josef Arquer