Biographie Alvira

Tomás Alvira (1906–1992) und Francisca Domínguez (1906–1994): Ein christliches Eheleben als Vorbild der Ganzhingabe an Gott.

Bis heute hat die katholische Kirche zwei Ehepaaren seliggesprochen: Luigi und Maria Beltrame Quatrocchi im Jahre 2001 und die Eltern der heiligen Theresia von Lisieux, Louis Martin und Marie Zélie Guérin, 2008. Tomás Alvira (1906–1992) und Francisca Dominguez könnten zu den nächsten Elternpaaren gehören, die zur "Ehre der Altäre" gelangen.

Jedenfalls hat der Erzbischof von Madrid am 20. Februar 2009 den Heiligsprechungsprozess für die beiden eröffnet. Das Gruppenbild zeigt Antonio María Kardinal Rouco im Anschluss an diese Zeremonie zusammen mit den acht lebenden "Kindern" der Alviras: Teresa, Rafael, Pilar, Nieves, Marian, Tomás, Isabel und Conchita.

Die "Ehre der Altäre" ist kein posthumer Orden für kirchliches Wohlverhalten. Worum es bei Selig- und Heiligsprechungen geht, hatte Papst Johannes Paul II. mit Sicht auf das neue Jahrtausend in Erinnerung gerufen: "Das Konzil selbst hat erklärt, dass man dieses Ideal der Vollkommenheit nicht falsch verstehen darf, als sei es eine Art außerordentlichen Lebens, das nur von einigen ‚Genies’ der Heiligkeit geführt werden könnte. Die Wege der Heiligkeit sind vielfältig, und der Berufung eines jeden angepasst. Ich danke dem Herrn, dass er es mir geschenkt hat, in diesen Jahren so viele Christen selig- und heiligsprechen zu dürfen. Darunter waren auch viele Laien, die unter Bedingungen, wie sie das ganz gewöhnliche Leben vorgibt, heilig wurden. Es ist jetzt an der Zeit, allen mit Überzeugungskraft diesen ‚hohen Maßstab’ des gewöhnlichen christlichen Lebens neu vor Augen zu stellen. Das ganze Leben der kirchlichen Gemeinschaft und der christlichen Familien muss in diese Richtung führen. Es ist aber auch offenkundig, dass die Wege der Heiligkeit persönliche Wege sind." (Apostolisches Schreiben Novo Millennio Ineunte, 06.01.2001)

Erfrischend für Tomás Alviras Christsein

Tomás Alvira und Francisca Dominguez sind ihre persönlichen Lebenswege gegangen als Bürger, Ehepaar und Angehörige des Opus Dei. Tomás Alvira wurde am 17. Januar 1906 in Zaragoza in geboren, Francisca, genannt Paquita, am 1. April 1912 in Huesca, ebenfalls Nordspanien. Sie heirateten am 16. Juni 1939. Im Lauf der Jahre bekamen die beiden neun Kinder, von denen der Älteste José-María mit fünf Jahren starb. Als Tomás 1942 eine Planstelle als Gymnasialprofessor für Biologie in Madrid erhielt, zog die Alviras in die spanische Hauptstadt.

Dort hatte Tomás bereits in der Bürgerkriegszeit studiert. Von der aggressiven antichristlichen Stimmung dieser Jahre fühlte er sich herausgefordert und suchte mehr spirituellen Tiefgang. So kam er zur Begegnung mit dem 35jährigen Priester Josemaría Escrivá, die sein weiteres Leben prägen sollte. Er vertraute dem heiligen Josemaría seine geistliche Leitung an. Wie so manche jungen Leute führte ihn der Gründer des Opus Dei in eine laiengemäße Spiritualität mitten in der Welt ein – eben in den Geist des Opus Dei. Das war ein erfrischend neuer Ton für Alviras Christsein. Es klang damals unerhört neu, das christliche Engagement von Verheirateten oder Heiratswilligen "Berufung" zu nennen. Wie neu, deutet ein Aphorismus Escrivás von 1934 an: "Du lachst, weil ich dir sage, dass du ‚Berufung zur Ehe’ hast? – Du hast sie, jawohl, Berufung" (Der Weg Nr. 27).

Eine ähnliche Erfahrung machte 1941 Victor García Hoz, ein späterer Ordinarius für Pädagogik an der Universität Madrid. Der heilige Josemaría hatte ihm gesagt: "Gott ruft dich auf den Weg der Kontemplation." García hat seine Verblüffung später so erklärt: "Es erschien damals fast unbegreiflich, dass jemand von Kontemplation, von geistlicher Beschaulichkeit als von einem Ziel für einen verheirateten Mann sprach, der bereits zwei oder drei Kinder hatte und dessen Familie noch weiter wachsen würde und der hart arbeiten musste, um sie durchzubringen." (vgl. Salvador Bernal, Aufzeichnungen über den Gründer des Opus Dei, S. 110)

Weg frei für den ersten Supernumerarier

Der heilige Josemaría sah voraus, dass es einmal möglich werden würde, nicht nur ehelose Laien in das Opus Dei aufzunehmen, sondern auch verheiratete. Dies gehörte zu der Gründungeinsicht, die er 1928 von Gott empfangen hatte. So hatte er Tomás, Victor und viele andere über lange Jahre geistlich geleitet und ihnen beigebracht, dem Geist des Opus Dei gemäß zu leben, ohne dem Werk jedoch angehören zu können. Denn die Aufnahme von Eheleuten in das Opus Dei war kirchenrechtlich noch nicht möglich. Doch Josemaría Escrivá betete und arbeitete unermüdlich weiter für dieses Ziel.

Im Jahre 1948 erklärte der Escrivá bei einer Tagung Tomás Alvira und vierzehn weiteren jungen Männern die Zukunftsperspektiven für die sogenannten Supernumerarier: Diese Männer und Frauen sollten als zumeist verheiratete Mitglieder des Opus Dei nach der Heiligkeit streben und ihr persönliches apostolisches Zeugnis in allen Bereichen der Gesellschaft entfalten. Sie selbst und ihre Familien würden sich von den anderen nicht unterscheiden. Zugleich aber würden sie von einem neuen Geist beseelt sein als Boten des Friedens und der Freude, die Christus uns brachte (vgl. Christus begegnen, Nr. 30).

1950 gab der Heilige Stuhl dann den Weg frei. Das normale Eheleben war als eine Berufung zur Ganzhingabe an den Herrn anerkannt, und Tomás Alvira bat am 15. Februar 1947 als allererster Supernumerarier um die Aufnahme in das Opus Dei. Zigtausende haben seither denselben Weg einschlagen. So auch Francisca, die den entsprechenden Brief am 1. Februar 1952 schrieb.

Tomás Alvira erlag am 7. Mai 1992 in Madrid einem Krebsleiden, zehn Tage vor der Seligsprechung von Josemaría Escrivá. Ebenfalls in Madrid starb Francisca am 29. August an einer Gehirnerkrankung. Der hl. Josemaría hatte oft zu Eheleuten gesagt. "Du bist für deine Frau der Weg zum Himmel; und sie ist es für dich".

Der Seligsprechungsprozess, wird alles zusammentragen, was von Bedeutung war im Leben von Francisca Domínguez und Tomás Alvira. Aber es werden keine außergewöhnlichen Dinge sein, sondern gewöhnliche, wie sie unzählige ihrer Zeitgenossen auch getan haben. Und dann wird sich endgültig klären, ob sie es außergewöhnlich gut getan haben, ob sie und ihre Ehe "einen lebendigen Beweis für die Lehre vom Zweiten Vatikanischen Konzil über die Berufung aller Gläubigen zur Heiligkeit" darstellen, wie Kardinal Rouco am 20. Februar bei der Eröffnung in Madrid sagte.