Der Zölibat in den Ostkirchen

In den Orthodoxen wie in den mit Rom unierten Kirchen des Ostens gibt es von alters her verheiratete Priester Dennoch geben alle Ostkirchen der Verknüpfung von Priestertum und Zölibat den Vorzug.

Wir bringen die Kernaussagen eines Referates in italienischer Sprache, das Prof. Dr. Pablo Gefaell, Rom, zum Thema „Priesterlicher Zölibat in den Ostkirchen: Geschichte, Gegenwart, Zukunft“ gehalten hat. Der Vortrag fand im Rahmen einer Tagung über den Zölibatan der Theologischen Fakultät der Päpstlichen Universität Santa Croceam 4. und 5. März 2010 in Rom statt.

Bekanntlich haben die Priester der Ostkirchen keine Verpflichtung zum Zölibat. Das gilt ebenso für die mit Rom verbundenen orientalischen Kirchen ebenso wie die von Rom getrennten orthodoxen Kirchen. Trotzdem wird der priesterliche Zölibat „um des Himmelreiches willen“ in den Ostkirchen wie in der Westkirche als besonders wertvoll geschätzt. So heißt es im Kirchlichen Gesetzbuch für die orientalischen Kirchen: „Der Zölibat der Kleriker, der um des Himmelreiches willen und aus guten Gründen für den priesterlichen Dienst gewählt wird, muss sich nach der Tradition der Gesamtkirche immer und überall größter Wertschätzung erfreuen.“

Allerdings heißt es im zweiten Teil dieses Kanons 373, dass „der Stand der in der Ehe verbundenen Kleriker“ auf gleiche Weise in Ehren gehalten werden soll, „der durch die Jahrhunderte hindurch von der Praxis der Urkirche wie auch der orientalischen Kirchen geübt worden ist“. Dieser letzte Satz ist in offiziellen Verlautbarungen der Kirche etwas Neues. Warum ist aber dann der Zölibat dennoch für das Priestertum „sehr angemessen“?

Lässt man die theologischen Gesichtspunkte zunächst außer acht, kann man scheinbar ganz pragmatisch sagen, dass der zölibatäre Priester weitaus verfügbarer ist für den Dienst an den Seelen. Aber über solche praktischen Gründe hinaus wünscht die Kirche zölibatäre Priester, weil sie durch ihre Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen auf besondere Weise mit Christus identifiziert sind, dem Haupt und Bräutigam der Kirche. Das haben die Päpste Paul VI. und Johannes Paul II. immer wieder hervorgehoben. Aus dem gleichen Grund gab auch das II. Vatikanische Konzil dem Zölibat den Vorzug und schrieb ihn für die lateinische Kirche weiterhin vor.

Ist der zölibatäre Priester deswegen „heiliger“? Natürlich nicht. Papst Benedikt XVI. sagt sogar ausdrücklich, dass die größere Verfügbarkeit des ehelosen Priesters die Gefahr des Egoismus in sich birgt, wenn die pastorale Liebe fehlt. Und dass der Verknüpfung von Priestertum und Zölibat der Vorzug gegeben wird, so Benedikt XVI., tut der Würde des verheirateten Priesters keinen Abbruch. In ähnlicher Weise empfiehlt die Kirche auch nicht konfessions-verschiedene Ehen, sondern gestattet sie nur. Das heißt aber nicht, dass sie diese Ehen gering schätzte. Vielmehr spricht sie ihnen einen eigenen Wert und beträchtliche ökumenische Möglichkeiten zu.

In den verschiedenen Kirchen des Ostens wird die Praxis des verheirateten Priestertums unterschiedlich umgesetzt. So gibt es die Auffassung, dass der verheiratete Priester nach seiner Priesterweihe nicht mehr mit seiner Ehefrau verkehren soll. In weiten Bereichen gilt auch die Vorschrift, dass der Priester die Ehe vor seiner Weihe eingegangen sein muss, danach aber nicht mehr heiraten kann. Übrigens gibt es diese Regelung in der lateinischen Kirche für die ständigen Diakone. Ansonsten ist der Zölibat für alle Bischöfe und andere hohe Geistliche der Ostkirchen (Archimandriten) verpflichtend.